Neuzugang: TETRA

In Kiel steht auf dem Fernmeldeturm unter dem Rufzeichen DM0KIL neben DMR und FM auch eine TETRA-TMO-Basisstation zur Verfügung. Nun ist der Zugang zu TETRA nicht ganz so trivial. Zum einen gibt es quasi keine frei verfügbaren TETRA-Geräte zu kaufen. Und wenn, dann liegen diese preislich jenseits von Gut und Böse. Sie sind eben auf Steuergelder ausgelegt und die sprudeln bekanntlich, da muss nicht begründet werden, warum das 10-fache des eigentlichen Wertes aufgerufen wird. Zum anderen ist TETRA nicht unbedingt so trivial einzurichten und zu betreiben wie FM-Relais. Vielleicht könnte man sagen, dass TETRA so viel komplexer ist als DMR (TIER II) wie DMR komplexer ist als einfaches FM. Wie auch immer: Für TETRA braucht man Know-How, Bezugsquellen und ne Mark im Portemonnaie.

Für mich hat sich hier kürzlich eine Gelegenheit aufgetan, relativ kostengünstig an ein TETRA-Funkgerät zu kommen: Ein Motorola MTP850 in gutem Zustand. Im Zusammenspiel mit der TMO-Basis-Station DM0KIL lässt sich hiermit der Funktionsumfang von TETRA erkunden inklusive Features wie Gegensprech-Direkttelefonie und SMS.

Der erste Eindruck von TETRA ist, dass dies ein sehr verplombtes System ist. Der Endanwender kann im Grunde einfach lossprechen und muss sich über fast nichts Gedanken machen. Welche Basis-Station gewählt wird, entscheidet das Endgerät nach Signalstärke. Welcher Zeitschlitz verwendet wird, entscheidet die Basis-Station, welche dynamisch einen zuweist. Die Sprechgruppen sind im Codeplug vordefiniert und Direktanrufe erklären sich selbst. Man merkt deutlich, dass TETRA für den BOS und damit für Leute, die andere Sorgen als die korrekte Betriebstechnik ihrer Funkgeräte haben, konzipiert ist. Im Grunde funktioniert TETRA im TMO-Betrieb sehr ähnlich wie ein Handy. Es bucht sich automatisch ein, zeigt die Signalstärke zur Basis-Station, klingelt bei eingehenden Anrufen, kann Rufnummern gezielt anwählen… lediglich eine PTT-Taste und Sprechgruppen kommen obendrauf. TETRA unterstützt übrigens sogar PSTN-Gateways, sodass tatsächlich klassische Telefonanschlüsse angerufen werden können.

Entsprechend ist das Thema für Funkamateure etwas… schwierig. Als einfacher Anwender hat man keinerlei Spielraum für Experimente und Erkundungen. Und um selbst eine Infrastruktur aufzubauen, muss man Bezugsquellen, Möglichkeiten und viel Geld haben. Die üblichen Experimente aus dem FM- und auch DMR-Bereich entfallen vollständig. Es ist nicht einmal möglich, einfach mal fix zu lauschen, was überhaupt an QSOs gerade stattfindet, ohne selbst adressiert zu sein, da TETRA-Geräte keine abschaltbaren TG- oder gar TS-Filter anbieten.

Es gibt allerdings anscheinend (mindestens) ein DMO-Netzwerk-Projekt. Der DMO-Betrieb ist zwar bei weitem nicht so mächtig wie der TMO-Betrieb (der Unterschied entspricht etwa dem zwischen dem verbreiteten DMR TIER II und dem raren DMR TIER III), doch so hat man als Funkamateur zumindest etwas Einblick in die Magie auf Netzseite und kann auch unabhängig von einer grauen Eminenz etwas mit den doch recht teuren Funkgeräten anfangen. Denn in Kiel und den angeschlossenen Basis-Stationen steht und fällt alles mit einer Person. Läuft diese morgen vor dem Bus (was selbstverständlich niemand wünscht), dann war es das mit TETRA in Schleswig-Holstein – ein etwas unbefriedigender Zustand für Leute wie mich, die sich beruflich sehr intensiv mit Redundanzkonzepten beschäftigen. Wir haben in Kiel ein paar neue, engagierte Funkamateure, die Bock haben, sich mit TETRA zu beschäfitgen. Bis jetzt nehmen wir sehr dankbar die tollen Möglichkeiten der TMO-Basis-Station DM0KIL wahr, haben aber auch Lust, uns die Bastelprojekte für „TETRA light“, also DMO, anzuschauen.