Aktuell erleiden große Teile von Spanien und Portugal sowie sogar kleine Teile Frankreichs einen Blackout light, also einen längerfristigen, großflächigen Stromausfall. Ein solches Ereignis ist alles andere als witzig; es ist sogar in nicht im geringen Maße lebensbedrohlich. Denn vom naheliegenden Ausfall der Telekommunikation, die auch Polizei- und Rettungsnotruf behinhaltet, geht es über den Ausfall der Trinkwasserversorgung durch stillstehende Pumpen bis zu sozialen Unruhen.
Und auch in Deutschland hatten wir u.a. 2021 im Ahrtal einen durch Hochwasser verursachten Strom- und Kommunikationsausfall von mehreren Tagen bis ein paar Wochen. Man muss hier auch bedenken, dass für Rettung, Bergung, Wiederaufbau und Prävention eine Kommunikation der Helfer untereinander unerlässlich ist. Der Ausfall der Telekommunikation also mehr betrifft als WhatsApp und Notruf, er behindert auch Hilfskräfte erheblich.
Solche Szenarien werden aktuell häufiger und nehmen in ihrer Brisanz zu. Denn unsere immer komplexeren Systeme und unsere Abhängigkeit von diesen lassen uns anfällig werden für derartige Störungen. Über die Gründe für Stormausfälle oder ausgebliebene Hochwasserverhütung möchte ich hier nicht spekulieren. Jedenfalls wird das Thema in einer Zeit, in der unsere Regierung die Abschaltung des FM-Radios vorantreibt, zunehmend wichtig. Zur Einordnung: Schleswig-Holstein hat 2022, also unmittelbar nach dem Ahrtal-Hochwasser, beschlossen, bis 2038 das katastrophentaugliche FM-Radio abzuschalten.
Funkamateure und Hobbyfunker können hier einen wertvollen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Erstere können mit ihrer Expertise und ihrem Equipment von Langstreckenkommunikation bis zum Ortsnetz schnell und effizient eine Notversorgung herstellen, während zweitere bei der Koordination ziviler Helfer und der Nachrichtenverbreitung helfen können.
Leider hat sich gezeigt, dass von staatlicher Seite wenig Hilfe, wenn nicht sogar Sabotage, zu erwarten ist. Ebenso wie das THW und andere Offizielle die hilfsbereiten Bauern, die auf eigene Kosten effizient anpackten, wegschickten und aussperrten, so wurde auch der Amateurfunk wenig integriert bis hin zu untersagt oder gar (durch unerwünschte Aussendungen von gefrickelten Funkanlagen) aktiv gestört. Was ja kein Problem gewesen wäre, hätten die staatlichen Organe denn dann auch stattdessen funktionierende Infrastruktur geschaffen.
Trotz oder gerade deswegen ist es wichtig, einen zivilen Notfunk zu etablieren. Und das ist gar nicht so schwierig. Batteriebetriebene PMR446-Geräte gibt es für wenig Geld im Onlinehandel oder auch gelegentlich in Bau- oder Supermärkten. Und schon ein paar dieser Geräte können eine korrdinierte Bergungsaktion ungemein vereinfachen oder die Kommunikation in der Nachbarschaft sicherstellen, was auch die Möglichkeit von Notrufen mit einschließt.
Funkamateure können freilich noch vielfältiger helfen. Schon der Betrieb nahegelegener Relaisstationen, ggf. mit Notstrom, kann ganze Landstriche für Handfunkgeräte erschließen. Mittels Richtfunkverbindungen könnten diese sogar an ein weltweites Netz angeschlossen werden. Kurzwellenstationen mit eigenem kleinen Generator können eine Langstreckenkommunikation herstellen, während VHF- und UHF-Geräte mit ihren besseren Antennen und höheren Sendeleistungen den Mittelstreckenfunk sicherstellen können. Da Funkamateure natürlich auch im Jedermannfunk senden und empfangen können, stellen sie eine Schnittstelle zwischen Laien mit einem 10€-Walkie-Talkie und der Außenwelt dar.
Man könnte dies grob in vier Tiers sortieren:
- Im Tier 1 werden Jedermannfunkgeräte verwendet. Dies sind PMR446-, Freenet- und CB-Funkgeräte. Diese dürfen auch im Alltag von jedermann verwendet werden, weshalb man diese so nennt. Zwar ist die Reichweite dieser Geräte eher gering und die Anzahl der Kanäle ist klein, doch mit etwas Funkdisziplin lässt sich hieraus ein nicht zu unterschätzendes Kommunikationswerkzeug machen. Mit CB-Funk lässt sich theoretisch eine mittlere Reichweite erzielen und mit in Deutschland 80 Kanälen eine Vielzahl gleichzeitiger Gespräche führen, doch ist hier erhöhter technischer Aufwand nötig. Jedermannfunkgeräte sind sehr günstig zu erwerben (das geht bei unter 10 Euro für ein Gerät los) und kinderleicht zu bedienen. Meiner Meinung nach könnte jeder ein Set in der Schublade haben.
- Im Tier 2 werden VHF/UHF-Amateurfunkgeräte verwendet. Diese haben eine deutlich größere Reichweite, die mit Relaisstationen noch einmal stark vergrößert werden kann. Sie sind als Handfunkgeräte für den Gürtel, Mobilfunkgeräte für das Fahrzeug oder einen provisorisch eingerichteten Standort und als Stationsgeräte für den Betrieb an einem festen Standort erhältlich, wobei erstere sehr Blackout-tauglich sind, zweitere mit mobilen Akkus betrieben werden können und letztere auf einen Generator angewiesen sind. Sie sind deutlich teurer und komplizierter als Jedermannfunkgeräte. Außerdem dürfen sie im Normalfall nur von lizenzierten Funkamateuren zum Senden genutzt werden.
- Im Tier 3 werden letztendlich HF-Funkgeräte oder Richtfunk eingesetzt. Dies können Stationsgeräte mit Generator sein und mit Abstrichen auch sogenannte QRP-Geräte mit geringerer Sendeleistung, die mobil mit Akku betrieben werden können. Oder eben gut gelegene Stationen oder Relais, welche mithilfe von Richtfunk zu weit entfernten anderen Stationen oder Relais eine globale Vernetzung ermöglichen.
- Und zu guter Letzt gibt es mit Tier 4 noch die Satellitenkommunikation. Für Funkamateure eher im Bereich „Proof of Concept“ befindlich, ist diese für Privatpersonen erschwinglich geworden. Es müssen keine relativ teuren Satellitentelefone wie Iridium sein, gerade ein kostengünstiger Internetzugang über Starlink geht sogar weit über die Ansprüche des Notfunks hinaus. Mit gutem Notstrom ausgestattet, ist ein zentrales DMR-Relais mit Starlink-Uplink selbst mitten im Krisengebiet denkbar. Dafür kostet die Bereitstellung im Gegensatz zu Handfunkgeräten in der Schublade kontinuierlich Geld.
Tier | Geräteart | Aufwand | Reichweite |
---|---|---|---|
Tier 1 | Jedermannfunk | sehr gering | Nahbereich, lokal |
Tier 2 | UHF/VHF | mittel bis hoch | lokal bis regional |
Tier 3 | HF oder Richtfunk | hoch bis sehr hoch | regional bis global |
Tier 4 | Satellitenfunk | mittel und teuer | global |
Wesentlich ist, dass eine Person Mitglied mehrerer Tiers sein kann und Kommunikation zwischen zwei Tiers über eine solche Person stattfinden muss, wobei freilich Tiers übersprungen werden können. Eine Ausnahme bietet hier das Relais, welches eine Kommunikation zwischen Tier 2 und Tier 3 vollautomatisch ermöglicht.
Das Wichtigste am Katastrophenfunk ist jedoch die Tauglichkeit unter widrigen Umständen. Die schönste, überzüchtete HF-Funkanlage, mit der man, wenn das Stromnetz und ggf. sogar das Internet verfügbar sind, gemütlich im heimischen Trocknenen Verbindungen nach Australien aufbauen kann, könnte ohne leistungsfähige Stromversorgung oder im Feld komplett versagen. Aber auch Handfunkgeräte bringen einem nur begrenzt etwas, wenn sie proprietäre Ladetechniken benötigen. Denn in einem Blackout bringt einem der Standlader mit Spezialnetzteil für die Steckdose wenig. Hier ist eine via USB aufladbare Lösung meist das Mittel der Wahl, denn selbst Laien haben oft noch eine Powerbank für ihr Handy herumliegen. Und vorbereitete Funker haben vielleicht eine tragbare Solarzelle auf Lager. Für wartungsarme Jedermann-Notfallgeräte empfiehlt sich eine Lösung mit Standardbatterien, denn Akkus tendieren zur Entladung, während Batterien getrennt vom Gerät viele Jahre ihre Energie erhalten. Außerdem sind Batterien auch leicht auszutauschen und auch im Blackout relativ leicht aufzutreiben. Und zu guter Letzt bringt das schönste Funkgerät nichts, wenn man im Notfall nicht weiß, wie man es bedient. Etwas Übung schadet hier also definitiv nicht.
Wie auch immer: Die Einschläge kommen näher und Notfunk fängt sehr kostengünstig an. Befasst euch doch gerne zumindest einmal kurz mit dem Thema. Ein Set von 10€-Walkie-Talkies sowie eine Packung passender Batterien in der Schublade ist für Hobbyfunker bereits eine solide Basis. Und Funkamateure könnten sich auch gelegentlich einmal die Frage stellen, was sie von ihrem Funkequipment sinnvoll in einem Blackout verwenden könnten und ob das Konzept von Funk nicht auch Unabhängigkeit beinhaltet, insbesondere von einem Stromnetz.
Dies sind meine 2 Cents zu der aktuellen Katastrophe in Spanien und den anliegenden Ländern. Ich hoffe, dass dieses Mal ausnahmsweise daraus gelernt wird.