Kerchunking

Jüngst stieß ich auf einen Beschwerde-Thread über die vermeintliche Unsitte des „Kerchunkings“. Konkret ging es um den Versuch einer technischen Lösung in einer dem Echolink ähnlichen Anwendung. Da musste ich zunächst einmal recherchieren, was das überhaupt ist. Als Kerchunking bezeichnet man es, wenn man in einer ruhigen Phase ohne Funkverkehr einmal kurz das Relais auftastet und somit zur Aussendung des Rufzeichens animiert.

Zweck dessen ist das Testen neuer Codeplugs, neuer Hardware oder neuer Standorte. Es wird kurz geprüft, ob eine beidseitige Verbindung zum Relais hergestellt werden kann. Meist findet dies in einer Phase des Bastelns statt, in der man nicht gerade Lust hat, mit einem gelangweilten OM, der nur darauf wartet, ein mehr oder weniger williges Opfer auf dem Relais zu finden, über das Wetter zu quatschen. Wenn man bis zu den Ellenbogen in Elektrobauteilen steckt, der Lötkolben heiß ist und die Gedanken tief im Codeplug, möchte man nicht unbedingt mit dem erstbesten Kontakt ein langes QSO führen. Entsprechend tastet man kurz auf, schaut, ob es klappt, und bastelt weiter. Und das, wie gesagt, möglichst in einer Zeit, in der das Relais lange eh nicht benutzt wurde, denn ansonsten funktioniert das auch gar nicht, da das Relais nicht explizit antwortet.

Nun gibt es offenbar eine Reihe von OMs, die sich ungeheuer darüber aufregen, wenn Funkamateure dies tun. Eine absolute Unsitte sei dies, quasi fast so schlimm wie das Fressen von Kindern!

Dabei ist das Phänomen des „Kerchunkings“ genau anders herum überhaupt erst dem Umstand geschuldet, dass einige OMs weder die Grundregeln des Anstandes noch der Betriebstechnik beherrschen. Denn eigentlich wäre es ja ganz einfach und regelkonform: Der Bastler ruft auf dem Relais „Testaussendung von DO9CK“. Und ein OM, der gerade zufällig QRV ist, antwortet kurz „Aussendung gut verständlich angekommen bei N0CALL“. Und damit wäre das QSO abgeschlossen und alle glücklich.

Doch wie gesagt haben einige OMs einfach keinen Anstand. Da werden QSOs von Stammrunden gesprengt, die Gesprächsthemen an sich gerissen und eine Moderation etabliert. Und wenn jemand „Testaussendung“ ruft, meinen diese OMs, dass da unbedingt jemand über die Vorzüge der aktuellen Wetterlage und die Auswirkung derselben auf die persönliche Medikamentierung diskutieren möchte. Denn sie beherrschen auch nicht die elementarste Betriebstechnik und können die Worte „Testaussendung, bitte ignorieren“ und „CQ, Allgemeiner Anruf“ nicht voneinander unterscheiden.

Entsprechend habe auch ich schnell gelernt, explizit „Bitte ignorieren“ zu rufen und keinesfalls auf Antworten einzugehen, wenn ich gerade weder Zeit noch Lust auf ein langwieriges Gespräch habe. Ich „kerchunke“ damit selbst nicht, kann aber jeden verstehen, der dies tut und das einfach aus der oben geschilderten Not heraus. Doch es geht sogar noch weiter: Ich antworte auch, nachdem ich mehrmals den Fehler gemacht habe, dies zu tun, nicht mehr grundsätzlich auf Testaussendungen mit einer kurzen Quittierung. Da ruft jemand „Test von N0CALL“ und ich denke mir „Hm, das Relais antwortet nicht, da quittiere ich fix mit einem ‚Ruf angekommen bei DO9CK‘ “ und denke, ich bin durch damit. Und zack, erzählt mir der OM ausführlichst, was er gerade bastelt und wie er im Anschluss die Sonne zu nutzen gedenkt. Lession learned: Nicht nur bei Testaussendungen klar kommunizieren, dass bitte nicht geantwortet werden soll, sondern tunlichst auch selbst nicht auf Testaussendungen reagieren. Es lebe das „Kerchunking“!

In den digitalen Betriebsarten sieht das freilich anders aus. Hier gibt es meist explizit Echo-Funktionen, bei denen ein sogenannter Papagei eine Testaussendung aufnimmt und zurücksendet. Hier sollte man entsprechend nicht nur kurz auftasten, sondern gerne ein paar Worte sprechen, um die Verständlichkeit und Vollständigkeit beim Echo zu testen. Doch auch hier habe ich schon einmal einen Experten erlebt, der im Brandmeister auf der Echo-TG 9990 meinte, ein Gespräch zu beginnen.

Übrigens ist dies nicht zu verwechseln mit dem Auftasten dynamischer TGs. Wenn ein Relais die gewünschte TG nicht statisch abonniert hat, muss man diese dynamisch auftasten, indem man kurz einen leeren Träger sendet. Hier ist es sogar sehr wichtig, dass der Träger möglichst kurz und leer ist, denn man weiß nicht, was auf der TG gerade an Gesprächen geführt wird, und es wäre höchst ungehobelt, da mit einem Auftasten plus Inhalt reinzugrätschen. Und auch hier hatte ich Deppen, die dann rückmeldeten, dass man nicht moduliert hätte und überhaupt die Aussendung ziemlich kurz sei. Ob man etwas sagen wollte oder nur sein Funkgerät nicht im Griff habe. Ehm, nein! Ich wollte gar nichts sagen; ich wollte die TG dynamisch auftasten, um reinzuhören. Und dafür ist es technisch notwendig, einen kurzen Träger zu setzen.

Lange Rede, kurzer Sinn: „Kerchunking“ mag nicht dem Ideal entsprechen. Doch es ist ein notwendiges Übel, da einige OMs weder die Grundregeln des Anstandes noch er Betriebstechnik beherrschen und jemanden, der nur kurz einen Test fahren möchte oder freundlich einen solchen bestätigt, regelmäßig belästigen. Wer sich über „Kerchunking“ beschwert (Warum eigentlich? Das „Kerchunking“ ist doch die optimierte Form, möglichst wenige mit seinen Tests zu stören), der sollte sich vielleicht überlegen, ob er selbst nicht vielleicht der Grund ist, warum dieses existiert und ob er selbst nicht eine Nachschulung benötigt in Sachen Etikette und QSO-Abwicklung.