Ich bin eigentlich kein großer Freund von Digimodes (nicht zu verwechseln mit dem Digitalsprechfunk). Für mich ist Amateurfunk immer auch mit Sprechfunk und mit – in Ermangelung eines besseren Worte: – Einfachheit verbunden gewesen.
Bei den Digimodes geht es weniger um Gesprächsinhalte als um Machbarkeitsherausforderungen. Es geht nicht darum, mit einem Menschen in einen Austausch zu kommen (und sei es nur über das lokale Wetter), sondern die Gesprächsinhalte beschränken sich auf Gesprächsaufbau, Rapport, Gesprächsabbau. Hier einmal ein Beispiel von FT8:
- Eine Station (hier ich) ruft CQ:
CQ DO9CK JO54 - Eine andere Station (hier MYC4LL) antwortet:
DO9CK MYC4LL XX42 - Ich antworte der rufenden Station mit einem Rapport:
MYC4LL DO9CK -15 - Dafür erhalte ich ebenfalls einen Rapport:
DO9CK MYC4LL R-07 - Ich beende die Verbindung:
MYC4LL DO9CK RR73 - Die Gegenstelle quittiert:
DO9CK MYC4LL 73
An Informationen fließen also:
- Die jeweiligen Rufzeichen
- Die jeweiligen groben Standorte (QTH-Locator)
- Die jeweiligen Empfangssignalstärken
- Eine Abschiedsfloskel („73“)
Ob man angesichts dieses tiefen und persönlichen Informationsaustausches von einem Gespräch sprechen kann? Und ob auf beiden Enden überhaupt ein Mensch sitzt oder ob sich hier nicht viel eher zwei Computer miteinander unterhalten? Denn in der Regel wird FT8 „nebenher“ gemacht. Der Computer wird auf Autopilot gestellt und wickelt diese Pseudo-QSOs ab.
Jetzt kann man natürlich daherkommen und fragen, was denn dieser Quatsch soll. Wenn man sich nicht unterhalten möchte, dann geht das auch deutlich einfacher und günstiger: Einfach einmal schweigen. Doch beim FT8 geht es weniger um Gespräche als um Machbarkeiten. FT8ler schließen keine Bekanntschaften, sie jagen Trophäen. Ich habe z.B. eben gerade eine bidirektionale Verbindung mit einem 2.200 km entfernten Spanier gehabt. Mit einem kleinen Funkgerät mit minimalistischer Indoor-Antenne und stolzen 6 Watt Sendeleistung. Und mit einem knapp 2.000 km entfernten Griechen. Und mit einem über 1.500 km entfernten Russen. Und mit einem 1.250 km entfernten Franzosen. Und mit Italienern…
Und diese Trophäenjagd reizt einige Funkamateure. Sie sammeln Pseudo-QSOs von möglichst allen Kontinenten der Welt, aus allen Bundesstaaten eines großen Staates, aus allen Ländern einer Gegend… Und dabei versuchen sie oft, die Sendeleistung möglichst gering zu halten, denn mit 50 Watt erreicht man jeden, das ist keine Herausforderung. Verschiedene Stellen wie DARC oder bekannte OMs bitten auch eindringlich, die Sendeleistung so klein wie möglich zu halten. 30 Watt gelten schon als obszön viel.
Der Amateurfunk ist vielfältig. Es gibt viele verschiedene Betätigungsfelder und Neigungen, die man ausleben kann. Die einen bauen riesige Kurzwellen-Antennenanlagen in den Garten, die anderen einen „Prepping“-Koffer, den man problemlos am Camping-Tisch auf VHF und UHF betreiben kann. Die einen wollen einfach direkt quasseln auf FM oder SSB, die anderen wollen an digitalen Funknetzen teilnehmen mit DMR und Co oder eben Trophäen jagen mit Digimodes. Jeder kann sich nach seinen Vorlieben austoben und keine der Vorlieben ist schlechter als die andere.
Ich selbst muss allerdings sagen, dass FT8 jetzt nicht mein neuer Favorit ist. Dennoch habe ich mir jüngst einen Digirig Mobile zugelegt, um mein QRP-Allband/Allmode-Funkgerät vom Typ Yaesu FT-818nd bespaßen zu können.
Bei dem Digirig Mobile handelt es sich um ein zwei Daumen großes Kästchen, welches auf der einen Seite mit USB-C an den PC angeschlossen wird und auf der anderen Seite zwei Klinkenanschlüsse hat, an die man ein unverschämt teures Adapterkabel zum jeweiligen Funkgerät anschließen kann. Gegenüber dem PC meldet sich der Digirig dann als UART-Adapter und Soundkarte. Über den UART-Adapter kann der PC dann via CAT das Funkgerät fernsteuern, also QRG, Mode und so weiter einstellen. Über die Soundkarte werden Rx und Tx an den Rechner geführt, sodass die Software dann direkt kommunizieren kann.
Das Setup ist aber vergleichsweise kompliziert. Es bedarf neben dem Funkgerät eines Zwischenmoduls und vor allem eines PCs. So richtig Campingtisch-tauglich ist das nicht. Und für den Betrieb im Auto oder auf dem Boot sowieso nicht. Digimodes sind eher für den stationären Betrieb an einer funktionierenden Infrastruktur tauglich, die dann u.a. auch den notwendigen Strom liefert. Zudem bedarf es einer recht exakten Zeitsynchronisation (i.d.R. über’s Internet) und die Trophäenjagd wird in der Regel mit Online-Logbüchern und gegenseitiger Bestätigung des „QSOs“ realisiert. Kurzum: Für FT8 braucht man PC, stationären Strom und Internet. Warum man dann nicht gleich eine E-Mail hin- und herschickt… diese Frage drängt sich schon auf. So einige „richtige echte“ Funkamateure rümpfen die Nase über Betriebsarten wie DMR, weil man dann ja gleich VoIP nutzen kann. Klar, nur, dass das DMR-Funkgerät in die Jackentasche passt und die Repeater nicht über das Internet, sondern Hamnet-Richtfunkstrecken arbeiten. Ist ja fast wie VoIP – nur eben so überhaupt nicht. Im Gegenzug ist aber nach Meinung selbiger FT8 ein waschechter Amateurfunk-Betriebmodus. Ein Betriebsmodus, der PC, Strom und Internetzugang benötigt. Ja ne, is klaa.
Ich will FT8 überhaupt nicht schlechtreden. Ich sehe den Reiz dahinter und respektiere, dass andere das total cool finden. Doch zum Glück sind wir ja alle Individuen und ich persönlich finde das mal ganz spannend (sonst hätte ich ja auch nicht einen 3-stellien Eurobetrag darin investiert), es ist aber nicht so meines.