Ein grottenschlechter Artikel von Merkur zum Thema Notfunk

Beim Surfen im Internet bin ich jüngst auf einen Artikel gestoßen, der den Qualitätsjournalismus par excellence vorführt. Ein Verriss.

Es handelt sich um den Artikel Blackout: Funk und Kommunikation bei Stromausfall vom 21.12.2022, den ich hier im Rahmen des § 51 UrhG zitiere:

In unserer bequemen digitalisierten Welt sind Handys und Telefone oder Chats auf dem Laptop nicht mehr wegzudenken. Wir kommunizieren über soziale Medien und ein unsichtbares Netz trägt unsere Botschaften über die ganze Welt.

Nein! Soziale Menschen kommunizieren im persönlichen Gespräch miteinander. Sie treffen sich mit Freunden, besuchen Familien, betreiben gemeinsame Hobbys und sprechen nicht zuletzt am Arbeitsplatz miteinander. Notfalls wird telefoniert. Soziale Medien spielen im Leben eines mündigen Menschen nur eine höchst untergeordnete Rolle und ein stundenlanger Ausfall einer solchen Plattform wird, sofern überhaupt bemerkt, achselzuckend hingenommen.

Das wird bei einem Blackout zum ernsten Problem. Denn all das funktioniert ausschließlich mit Strom.
Bricht das Stromnetz beispielsweise im Krisenfall oder bei Umweltkatastrophen zusammen, werden wortwörtlich alle Leitungen gekappt.

Das Wort „wortwörtlich“ bedeutet, dass tatsächlich etwas genau so passiert, wie es geschrieben steht. Das Geschriebene soll dabei nicht als Metapher oder Hyperbel für die tatsächliche Handlung stehen. Ich kann der Autorin als jemand, der bei einem Internetserviceprovider arbeitet, versichern, dass im Falle eines Stromausfalls nicht die Belegschaft zusammengetrommelt und mit Äxten und Beilen ausgestattet übers Land geschickt wird, die Leitungen „wortwörtlich“, also tatsächlich zu kappen.

Was die Autorin wohl meint: Nach einer gewissen Zeit, in der Mobilfunkmasten und sogenannte „Ortsvermittlungsstellen“, „Multifunktionsgehäuse“ und „Outdoor-PoPs“ mit Unterbrechungsfreien Strom-Versorgungen (USV) betrieben werden, gehen tatsächlich (wortwörtlich) die Lichter aus, wenn nicht eine Netzersatzanlage (NEA) vorgehalten wird. Letzteres ist in Deutschland erstaunlich selten der Fall.

Doch das Problem ist hierbei nicht, dass sozial verkrüppelte Menschen nicht mehr twittern können. Sondern hierbei fallen u.a. auch die Notrufdienste aus! Kommt es in diesem Zeitraum zu einem Notfall, sei es ein medizinischer Notfall, sei es ein Brand oder sonstiger Umweltschaden oder sei es Kriminalität, dann kann keine Hilfe auf dem üblichen Wege gerufen werden. Ich versichere der Autorin, dass wir Funkamateure unter „Notfunk“ nicht den Ersatz für Twitter im Sinn haben, sondern uns primär auf Notrufe, Informationsweitergabe und gegenseitige Hilfe beschränken werden.

In Deutschland besteht für jedermann die Möglichkeit, ohne Prüfung, Genehmigung oder Gebühren sogenannte Hobbyfunkgeräte (PMR, LPD, CB und Freenet-Geräte) im Notfall oder auch zur Krisenvorsorge frei zu benutzen.

Aussagelogisch ist dieser Satz nicht zu beanstanden. Doch er suggeriert zwei Dinge, die definitiv nicht der Fall sind. Tatsächlich dürfen diese „Hobbyfunkgeräte“, die auch als „Jedermannfunk“ bezeichnet werden, auch außerhalb von Notfällen frei verwendet werden. Und auch Amateurfunkgeräte dürfen von jedermann in Notfallsituationen verwendet werden (Notstand). Zur Krisenvorsorge sowieso, da dies keine Nutzung mit einschließt. Jeder darf ein Amateurfunkgerät besitzen. Ich als Funkamateur kann auch „nicht Lizenzierte“ nur ermutigen, sich Amateurfunkgeräte zuzulegen und damit erstens in den Amateurfunk hineinzuhorchen (Hören ist erlaubt, Senden nicht) und zweitens auf Krisen vorbereitet zu sein (hier ist dann auch Senden straffrei).

Die bekannten analogen Funkgeräte gibt es bereits seit über 100 Jahren. Sie funktionieren mit der sogenannten Frequenzmodulationen

Davon ab, dass (funktionierende) Frequenzmodulation vor gut 90 Jahren und nicht vor über 100 Jahren erfunden wurde, gibt es im analogen Bereich auch die Amplitudenmodulation (AM) und ihre Unterart Einseitenbandmodulation (SSB). Die Frequenzmodulation ist neben der Phasenmodulation eine Unterart der Winkelmodulation. Witzigerweise ist die älteste Betriebsart, das Morsen (CW), eine digitale Übertragungsart. Und selbst für den Jedermannfunk ist die Aussage unzutreffend, da im CB-Funk neben FM auch AM und SSB verwendet werden.

Analoge Geräte funken häufig auf der PMR 446-Frequenz.

Öh… Okay. Hier fand, obwohl weiter oben bereits angekündigt wurde, dass es neben Jedermannfunk eben auch Amateurfunk und Profifunk gibt (wobei unter letzteres übrigens neben Betriebs- und BOS-Funk auch das ordinäre Handynetz fällt), ein stiller Themenfokus auf den Jedermannfunk statt. Okay, betrachten wir das Thema Jedermannfunk, dann stimmt die Aussage wohl, wobei ich als Erbsenzähler darauf hinweisen muss, dass es keine „PMR446-Frequenz“ gibt, sondern einen Frequenzbereich, welcher üblicherweise in 16 Kanäle aufgeteilt wird.

Analoge PMR Geräte sind wesentlich weiter verbreitet als digitale PMR Geräte. Im Notfall werden sie auf den Digitalfrequenzen niemand erreichen!

Der erste Satz stimmt vollumfänglich. Über den Weg gelaufen ist mir noch nie ein digitales 446er-Funkgerät. Weder im DMR446-Standard noch im dPMR446-Standard.

Der Zweite Satz ist natürlich wieder vollkommen Grütze. PMR446 verwendet den selben Frequenzbereich wie auch DMR446 und dPMR446. Es gibt keine „Digitalfrequenzen“.

Das [die digitale Übertragungsart] verbessert Übertragung und Empfang wesentlich, außerdem gelten digitale Funkgeräte mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als abhörsicher.

Whou! Also ob ein digitales Signal „Übertragung und Empfang wesentlich verbessert“, darüber werden gerade im Amateurfunk Glaubenskriege geführt. Doch selbst der Autofahrer wird schon öfter vor der Wahl zwischen DAB+ und FM gestanden haben – mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Aber das mit der Verschlüsselung, ist aus dreifacher Sicht absoluter Humbug. Erstens ist die Verschlüsselung keinesfalls ein wesentliches Merkmal des digitalen Funks. Funkamateuren ist die Verwendung einer Verschlüsselung sogar gesetzlich untersagt. Zweitens funktioniert das Zusatzfeature einer Verschlüsselung, welches zunächst mehr oder minder aufwendig konfiguriert werden muss, meist nur zwischen baugleichen Geräten und ist per default ausgeschaltet. Drittens ist es nicht Sinn und Zweck des Notfunks, abhörsicher zu sprechen. Denn dann kann man es auch gleich bleibenlassen. Funk macht wie jede Art der Kommunikation erst dann so richtig Spaß, wenn man es nicht alleine macht.

Digitalfunk wird auf den Kanälen des DMR-Standards übertragen, die weitaus weniger überfüllt sind als PMR 446.

Davon ab, dass es mehr Arten von Digitalfunk gibt als DMR, welche ich persönlich allerdings für die beste halte, und DMR grundsätzlich auf jeder Frequenz betrieben werden kann (ich selbst betreibe gerne DMR, jedoch nicht auf den von der Autorin gemeinten Frequenzen), findet DMR446 und PMR446, wie der Name suggeriert, im selben, gemeinsamen Frequenzbereich statt. Und auch dPMR446 verwendet denselben Frequenzbereich. Analoges PMR446 und digitales DMR446 oder dPMR446 teilen sich die selben Frequenzen und stören sich gegenseitig. Dasselbe gilt für alle anderen Funkanwendungen und Funkdienste. Auch z.B. im CB-Funk gibt es Kanäle, die für digitale Übertragungen freigegeben sind. Doch das sind immer noch dieselben Kanäle, wie sie auch für ordinären Analogfunk verwendet werden. Im Amateurfunk gibt es seitens des Gesetzgebers keine Vorgaben, ob analog oder digital kommuniziert wird. Einzig einigen sich die meisten Funkamateure per Konvention auf bestimmte Bandbereiche für Analog- bzw. Digitalfunk.

CB-Funkgeräte: Diese Geräte für jedermann mit kurzer Antenne […]

Öh, ausgerechnet unter den drei bis vier Jedermannfunkanwendungen diejenige mit der mit Abstand längsten Antenne rauszusuchen und eine vermeintlich kurze Antenne als den Vorteil dieser darzustellen, war wohl ein Griff ins Klo.

Im CB-Funk werden Frequenzen mit einer Wellenlänge um die 11 m verwendet. Eine optimale Antenne, der Halbwellendipol, muss daher mindestens eine Länge von gut 5 Metern aufweisen. Ob das als „kurze Antenne“ gilt, darüber kann man wohl streiten. Bei LPD und PMR446 sind es für die optimale Antenne übrigens nur gut 30 cm und bei Freenet 1 m.

Die Reichweite von CB-Funkgeräten liegt in etwa bei 0,5 bis 5 Kilometern und hängt von unterschiedlichen Faktoren wie Antennenstandort, Sendeleistung, Antennenbauart und der umliegenden Bebauung ab

Da CB-Funk niedrige (dämpfungsarme) Frequenzen und eine vergleichsweisen große Sendeleistung verwendet, ist hier schon etwas mehr drin als in den 0,5 bis 5 km, die oft für PMR446 angeführt werden. Im CB-Funk ist in geringem Umfang „DXing“ möglich und Nutzer berichten von Verbindungen über 200 km. Für Handfunkgeräte mit extrem verkürzter Antenne mögen die 0,5 bis 5 km allerdings hinkommen, wobei die Autorin richtigerweise eher von einer (sinnvollen) Nutzung zu Hause oder im Auto/LKW spricht.

Die kompakten Handfunkgeräte senden im UHF-Frequenzbereich zwischen 446,000 und 446,100 MHz, der wiederum in acht Einzelkanäle unterteilt ist.

Nein. Seit Ewigkeiten reicht das Band von 446,0 bis 446,2 MHz und umfasst 16 analoge Kanäle.

Funkgeräte dieser Art [(PMR446)] haben eine Reichweite von 3 bis 5Kilometer, je nach Standort und Umgebung. Gute PMR Funkgeräte können von erhöhten Positionen allerdings auch eine Reichweite von bis zu 10 Kilometer erzielen.

Während ich die Angabe beim CB-Funk für drastisch unterschätzt halte, halte ich diese Angabe für arg überschätzt. Von Bergspitze zu Bergspitze mag dies angehe. Doch in bebauten Gebieten erreiche ich oft im Amateurfunk mit 100-facher Sendeleistung keine 5 km. Im UHF sind Dämpfungen durch Bebauung und Gelände sehr hoch. Eine Sichtverbindung ist oft vonnöten. Bei PMR446 würde ich eher von 100 m bis 2 km ausgehen.

Vorteil [von Freenet-Geräten] gegenüber den ähnlich funktionierenden PMR-Funkegeräten: Sie lassen sich um eine Außenantenne ergänzen und der Funkbereich ist in bebauten Gebieten weitläufiger. Ob Freenet Geräte mit einer Außenantenne betrieben werden dürfen, ist rechtlich allerdings immer noch umstritten!

Weder die Allgemeinzuteilungen für PMR446-Geräte noch die für Freenet-Geräte schreiben eine fest montierte Antenne vor. Allerdings schreiben beide eine maximale ERP-Leistung vor, sodass der Antennengewinn in die Berechnung der Sendeleistung mit einfließen muss. Von einem Funkgerät mit Stummelantenne, welches die maximale ERP-Leistung schafft, die Antenne abzuschrauben und dort eine bessere Antenne oder gar eine Richtantenne anzubauen, ist entsprechend verboten. Außenantennen sind nicht umstritten, sondern ausgeschlossen. Sowohl für PMR446 als auch für Freenet sind ausschließlich Handfunkgeräte zugelassen. Stationsgeräte und Stationsantennen wie Außenantennen sind nicht von den Allgemeinzuteilungen erfasst und damit verboten. Dieser Satz ist also schlicht falsch. Richtig ist hingegen der Satz, dass Freenet im VHF-Bereich gerade in bebauten Gebieten eine geringere Dämpfung erfährt als PMR446. Davon ab ist die maximale Sendeleistung von Freenet doppelt so groß gegenüber PMR446. Mit Freenet lässt sich in Dörfern und kleineren Städten eine gemeindeweite Abdeckung erreichen.

Diese Jedermanngeräte [(DMR446)] sind die weiterentwickelte digitale Version der PMR 446. Ihr Frequenzbereich liegt zwischen 446,1 und 446,2 MHz mit 16 Kanälen.

Autsch! Ob die digitale Betriebsart DMR eine „Weiterentwicklung“ der analogen Betriebsart FM ist… Ist ein Auto eine Weiterentwicklung des Bootes? Fatal ist aber wieder der letzte Satz. Erstens liegt der Frequenzbereich zwischen 446,0 und 446,2 MHz und ist damit deckungsgleich zu PMR446, zweitens würden in 446,1 bis 446,2 MHz keine 16 Kanäle passen, wenngleich die Zahl der Kanäle korrekt ist, da das Band eben bei 446,0 MHz anfängt. Anders verhält es sich übrigens mit dPMR446, welches in dem Frequenzbereich von 443,0 bis 443,2 MHz 32 digitale Kanäle unterbringt. Das liegt daran, dass digitale Betriebsarten nur die Hälfte der effektiven Bandbreite benötigen wie analoges FM. DMR verwendet dennoch die selbe Bandbreite wie analoges FM, kann dafür (ab DMR Tier II) zwei Gespräche gleichzeitig auf einem Kanal führen (oder eine Gegensprechverbindung), indem nur die Hälfte der Zeit genutzt wird (TDMA). dPMR446 verwendet hingegen einfach eine halbierte Bandbreite (FDMA).

SRD/LPD-Funk: Solche Short Range Device Funkgeräte sind ebenfalls für jedermann anwendbar, doch aufgrund ihrer besonders geringen Ausgangsleistung schaffen sie nur geringe Reichweiten von 0,5 bis 2 Kilometern. Mittlerweile werden sie aber immer mehr von stärkeren PMR Funkgeräten abgelöst.

Lobenswert, dass die LPD-Geräte überhaupt angesprochen werden. Oftmals werden diese unterschlagen, weshalb ich selbst weiter oben von „drei bis vier Jedermannfunkanwendungen“ sprach. LPD funkt mit minimaler Sendeleistung im ISM- und Amateurfunkband und hat eine enorme Zahl an verfügbaren Kanälen (i.a.R. 69 Stück), die aber eben mit Funkamateuren und ISM-Geräten geteilt werden müssen. Obwohl Funkamateure und Jedermannfunker hier also also auf derselben Frequenz miteinander sprechen könnten, ist dies (außerhalb von Notfällen) jedoch nicht gestattet. Dass man mit LPD bis zu 2 km schaffen können soll, halte ich für ein Gerücht.

Analoge Geräte können nur mit handelsüblichen Batterien oder Akkus (AA oder AAA) betrieben werden. Bein Strommausfall können sie also unter Umständen nur so lange betrieben werden, wie der Vorrat an Batterien und Akkus hält.

Uff. Ob Funkgeräte mit „handelsüblichen Batterien“ oder AA-/AAA-Akkus betrieben werden, darüber entscheidet sicherlich nicht, ob sie analog oder digital arbeiten. Allgemein gilt, dass einfache und günstige Walkie-Talkies eher mit AA- oder AAA-Zellen betrieben werden, während exklusivere und teurere Geräte eher mit Li-Akkus betrieben werden. Wer also ein Walkie-Talkie zu Spielen für die Kinder sucht, wird wahrscheinlich eines mit AA- oder AAA-Zellen finden. Wer hingegen für den professionellen Bereich ein Set an Handfunkgeräten sucht, wird wahrscheinlich welche mit Li-Akkus finden. Und ja, digitale Betriebsarten wird man eher bei den exklusiveren Geräten vorfinden. Es handelt sich hier bestenfalls um eine Korrelation.

Eine echte Kausalität besteht dagegen bei der Sendeleistung. Amateurfunkgeräte werden i.a.R. mit Li-Akkus betrieben, da die hohen Sendeleistungen nicht von AA- und AAA-Zellen versorgt werden können. Doch auch hier gibt es oft Adapter. Auf Kosten der Sendeleistung lassen sich viele Amateurfunkgeräte auch mit AA- und AAA-Zellen versorgen. Warum sollte man das tun? Die Antwort liefert der nächste Satz im Zitat:

Entgegen der Aussage im Artikel sind nämlich AA- und AAA-Zellen gut verfügbar. Jeder Prepper, der etwas auf sich hält, hat einen großen Vorrat davon liegen. AA- und AAA-Zellen sind universell einsetzbar, halten lange und sind nicht zuletzt kostengünstig. Spezial-Akkus für Handfunkgeräte bleiben im Krisenfall oft leer, wenn sie einmal aufgebraucht sind. Was ist wohl wahrscheinlicher? Dass man in Krisenzeiten genau das passende Ladegerät für seinen proprietären Li-Akku findet nebst einer stabilen 230V-Stromversorgung? Oder doch eher, dass man aus dem Vorrat, einer Schublade oder der TV-Fernbedienung noch ein paar AA-/AAA-Zellen auftreiben kann? Aus diesem Grund haben Funkamateure, die sich mit Notfunk beschäftigen, oft auch Adapter für AA-/AAA-Zellen für ihre Handfunkgeräte. Der im Artikel suggerierte Sachverhalt ist in der Realität genau gegenteilig.

52 CTCSS/208 DCS Verschlüsselungstöne

Oh man. Immer wieder muss man darauf hinweisen: CTCSS und DCS haben nichts, aber so absolut gar nichts mit Verschlüsselung zu tun. Es gibt zahlreiche kommerzielle Produkte, die mit Buzzwords wie „Privat“ oder gar „Verschlüsselung“ oder „Verschleierung“ werben, doch das ist absolute Augenwischerei. Der Einsatz von CTCSS und DCS sorgt ausschließlich dafür, dass die Rauschsperre bei Störsignalen oder bei Aussendungen, die man nicht hören möchte, nicht aufgeht. Jeder kann die eigenen Aussendungen hören. Und den CTCSS-Ton bzw. den DCS-Code zu ermitteln und sich in ein Gespräch einzuklinken, ist kinderleicht. CTCSS und DCS haben nichts, null-Komma-garnichts mit Sicherheit zu tun, sondern ausschließlich mit Komfort.

Walkie-Talkies oder auch Einhandfunkgeräte kommen ebenso wie Funkgeräte ohne angeschlossene Stromquelle aus. Da Walkie-Talkies aber nur über einen begrenzten Bereich funken, müssen sich die Gesprächspartner sich in einem gewissen Radius aufhalten. Doch mittlerweile gibt es bereits Geräte wie das UV 5RE Walkie Talkie Dual Band VHF/UHF, die weit größere Distanzen knacken.

Uff, hier geht wieder so einiges durcheinander. Zunächst wüsste ich nicht, was der Unterschied zwischen „Walkie-Talkies“, „Einhandfunkgeräten“ und „Funkgeräten“ sein soll. Walkie-Talkies sind für mich einfach zu bedienende Handfunkgeräte. „Einhandfunkgeräte“ würde ich nie als Begriff verwenden, denn ich wüsste nicht, was ein „Zweihandfunkgerät“ sein sollte. Und inwiefern ein Walkie-Talkie etwas anderes sein sollte als ein „Funkgerät“? Ist ein Polo etwas anderes als ein Auto? Es ist eine Teilmenge!

Davon ab, dass Funk keine Grenzen kennt, Funk ist per se grenzenlos, nur eben irgendwann zu schwach, um verarbeitet zu werden, trifft die mutmaßliche Idee hinter der Aussage auf alle Funkgeräte zu: Ein Bluetooth-Headset reicht einige Meter weit, ein DECT-Telefon reicht einige zehn Meter weit, ein Handy reicht einige hundert Meter weit, ein Handfunkgerät reicht einige Kilometer weit, ein Stationsgerät reicht einige zehn bis hundert Kilometer weit, eine Satellitenanlage reicht einige tausend Kilometer weit und die Kommunikation mit Voyager 2…

Dass hier nun ein (ziemlich minderwertiges und aufgrund dessen in einigen Ländern verbotenes) Amateurfunkgerät exemplarisch als „Walkie-Talkie“ genannt wird, wo es im Kern um Jedermannfunk geht, das verstehe, wer will. Ja, Amateurfunk-Handgeräte schaffen doch etwas mehr Reichweite als ein PMR446-Walkie-Talkie. Nicht nur die deutlich größere Sendeleistung, sondern auch dämpfungsärmere Bänder und vor allem eine deutlich bessere Qualität (ein vernünftiges Amateurfunk-Handgerät kostet 3- bis 4-stellig, ein PMR446-Walkie-Talkie oft niedrig 2-stellig) sorgen für eine größere Reichweite. Was das aber mit Jedermannfunkgeräten wie vor allem die im Artikel beworbenen zu tun hat…?

Solarstrom-Ladung

Auch wenn es den grünen „Strom kommt aus der Steckdose“-Ideologen nicht gefällt: Solar ist keine ernstzunehmende Energiequelle. Um ein Radio zu laden, ist ein halber Quadratmeter an Solarzellen, die in die pralle Mittagssonne ausgerichtet sind, nötig. Der kleine Streifen auf den Radios selbst reicht gerade so, um eine Ladelampe zum Leuchten zu bringen.

Lass es uns aus Jux mal durchrechnen: Ein Radio hat eine vielleicht 2 cm x 6 cm große Solarzelle, also 12 cm². In der Wüste der Sahara kommt die Sonne auf 1.000 W/m², in Norddeutschland sind 50 W/m² realistischer. Nehmen wir großzügig 500 W/m² an. 12 cm² sind 0,0012 m². Das heißt, dass unter guten Bedingungen ca. 0,6 Watt Sonnenstrahlung auf die Solarzelle fallen. Solarzellen haben i.d.R. einen Wirkungsgrad von 10 bis 25 Prozent. Nehmen wir großzügig 25 % an. Dann schafft die Solarzelle 0,15 Watt an elektrischer Leistung. Diese muss jedoch noch stabilisiert und auf die richtige Spannung angepasst werden. Zum Vergleich: Ein Handynetzteil liefert bei 5 Volt 2 Ampere, also 10 Watt und damit das 100-fache der Solarzelle. Damit kann man ein Handy laden. Meint wirklich jemand, mit ca. 0,1 Watt könne man ein Radio aufladen? Oder auch nur den Ladecontroller versorgen? Auch der Betrieb wird knapp. Damit man einen Lautsprecher verstehen kann, sind alleine schon 0,5 Watt nötig. Solarzellen auf einem Radio sind reines Blendwerk. Damit kann man LCD-Taschenrechner betreiben, aber sicher keine Radios aufladen.

Fazit:

Der Artikel ist allgemein von schlechter Qualität. Es wird durcheinandergeworfen, was nicht zusammengehört (Jedermannfunk mit Amateurfunk und Profifunk), es werden einige Sachverhalte komplett falsch wiedergegeben wie die Antennenlänge und Reichweite von CB oder die Frage nach der Stromversorgung. Einfachste Recherchen hätten einige falsche Behauptungen verhindert, etwa die vermeintlich unterschiedlichen Frequenzen zwischen analogen und digitalen Betriebsarten oder die Bandgrenzen für PMR446 und DMR446. Und nicht jedes Werbeversprechen muss 1:1 wiedergegeben werden. Die Orthografie ist auf einem ähnlichen Sorgfaltsniveau. Insgesamt liest sich der Artikel wie eine Hausaufgabe in der Mittelstufe gekreuzt mit dem Versuch, Werbung als neutralen Artikel auszugeben. Denn unter der Haube ist es das: Ein Werbeartikel für bestimmte Produkte, weshalb auch oben klar steht:

Hinweis an unsere Leser: Wir erstellen Produktvergleiche und Deals für Sie. Um dies zu ermöglichen, erhalten wir von Partnern eine Provision. Für Sie ändert sich dadurch nichts.

Positiv herausheben kann man, dass erstens für dieses Thema sensibilisiert wurde, was in letzter Zeit mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat. Sei es durch Katastrophen wie dem Aartal, bei dem staatliche Organisationen heillos überfordert und die Kommunikation vor und während der Katastrophe unter aller Kanone war. Oder sei es der kontinuierliche Abbau der Notfallinfrastruktur, was nicht nur an den desaströsen „Warntagen“, an denen fast keine einzige Sirene funktioniert und nur jedes dritte Handy eine Warnung empfängt, offenkundig wird, sondern auch unter der Haube passiert. So hat z.B. früher das Festnetztelefon selbst bei stundenlangem Stromausfall zuverlässig funktioniert, da die Vermittlungsstellen USV und NEA vorhielten und das Telefon über die Telefonleitung versorgt wurde. Heute hingegen fallen bei einem Stromausfall ein Großteil der Handymasten sofort aus, die restlichen folgen 10 min später, wenn die alten Batterien leergefahren sind. Da sich das Klima verändert, unsere Bundesregierung fleißig an einem Kriegseintritt Deutschlands arbeitet und im Gegenzug die Infrastruktur, von Kommunikation und Rettungsdiensten bis zur elementaren Stromversorgung, immer weiter heruntergewirtschaftet oder ideologisch begründet abgeschafft wird, ist es nicht allzu verkehrt, als Privatperson grundlegend vorbereitet zu sein.

Zweitens kann man positiv herausheben, dass sich nicht wie sonst üblich oberflächlich alleine auf PMR446 gestürzt wurde, sondern sogar deutsche Sonderlocken wie Freenet oder Nischenanwendungen wie LPD/SDR angesprochen wurden.

Die schlechte journalistische Qualität, der Fokus auf Produktwerbung und vor allem der Umstand, dass kein Wort dazu verloren wurde, was denn nun ist, wenn man ein solches Gerät erworben hat, wie man es überhaupt sinnvoll verwendet, lässt mich allerdings etwas kopfschüttelnd zurück.